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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 42

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
42 Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. und gleich sind; Urfeinde unseres deutschen Volkstums waren von jeher Drei: die Römer, Möncherei und Soldaterei." Dadurch ward freilich der gesamtdeutsche Charakter des Festes von vornherein getrübt. Die katholischen Universitäten des Oberlandes, die ohnehin mit den norddeutschen noch keinen regelmäßigen studentischen Verkehr unterhielten, konnten keine Einladung erhalten; die Freiburger Burschen mußten für sich allein am 18. Oktober auf dem Wartenberge bei Donaueschingen ihr Siegesfeuer anzünden. Von den österreichischen Hochschulen war nicht die Rede, da sie dem deutschen Studentenbrauche ganz fern standen, auch, mit Ausnahme der Siebenbürger Sachsen und weniger Ungarn, noch fast kein Österreicher in Deutschland studierte. Aber auch auf den preußischen Universitäten hatte die Burschenschaft noch so wenig Anhang, daß allein Berlin der Einladung Folge leistete. So war denn bei der Feier der Völkerschlacht gerade die Studentenschaft der beiden Staaten, welche allein schon bei Leipzig für die Sache der Freiheit gefochten, fast gar nicht vertreten; und alle die wundersamen Märchen, womit die Liberalen der rheirtl)(indischen Länder die Geschichte des Befreiungskrieges auszuschmücken liebten, fanden freien Paß. Schon lange zuvor hatte die Presse mit mächtigen Trompetenstößen den großen Tag angekündigt. Eine freie Zusammenkunft von Deutschen aller Länder allein um des Vaterlandes willen war diesem Geschlechte eine so erstaunliche Erscheinung, daß sie ihm fast wichtiger vorkam als die weltbewegenden Ereignisse der letzten Jahre. Im Lause des 17 Oktobers langten an fünfhundert Burschen in Eisenach an, etwa die Hälfte aus Jena, dreißig aus Berlin, die übrigen ans Gießen, Marburg, Erlaugen, Heidelberg und anderen Universitäten der Kleinstaaten; die rüstigen Kieler hatten nach Turnerbrauch den weiten Weg zu Fuß zurückgelegt. Auch vier der Jenenser Professoren fanden sich ein: Fries, Oken, Schweitzer und Kieser. Jede neu eintreffende Schar ward schon am Thore mit stürmischer Freude begrüßt und dann in den Rautenkranz geleitet, um dort vor den gestrengen Herren des Ausschusses auf dreitägigen Burgfrieden Urfehde zu schwören. Anderen Tags in der Frühe stieg „der heilige Zug" bei hellem Herbstwetter durch den Wald hinauf zu der Burg des Reformators: voran der Burgvogt Scheidler mit dem Burschenschwerte, darauf vier Burgmänner, dann, von vier Fahnenwächtern umgeben, Graf Keller mit der neuen Burschenfahne, welche die Jenenser Mädchen ihren sittenstrengen jungen Freunden kürzlich gestickt hatten, dann endlich die

2. Geschichtliches Lesebuch - S. 43

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. 43 Burschen Paar an Paar, viele schöne germanische Reckengestalten darunter, mancher im Vollbart, was bei ängstlichen Gemütern schon als ein Zeichen hochverräterischer Gesinnung galt. Allen lachte die Freude aus den Angen, jene glückliche Selbstvergessenheit der Jugend, die noch ganz im Genusse des Augenblicks aufzugehen vermag; ihnen war, als ob thuen heute zum ersten Male die Herrlichkeit ihres Vaterlandes leibhaftig entgegenträte. Droben im Rittersaale der Wartburg, den der Großherzog gastfreundlich geöffnet hatte, wurde zuerst unter Pauken- und Trommelschall „Eine feste Burg ist unser Gott" gesungen. Darauf hielt der Lützower Riemann aus der Fülle feines ehrlichen Herzens heraus eine Festrede, die in hochpathetischen überschwänglichen Sätzen von den Thaten Luthers und Blüchers sprach und dann bei den Geistern der erschlagenen Helden die Burscheu mahnte zum „Streben nach jeglicher menschlichen und vaterländischen Tugend". Einige der landläufigen Schlagwörter von den vereitelten Hoffnungen des deutschen Volks und dem einen Fürsten, der sein Wort gelöst, liefen zwar mit unter; das Ganze war ein jugendlich unklarer, durchaus harmloser Gefühlserguß, ebenso vieldeutig und unbestimmt, wie die neue Losung Volunto! welche die Burschen gern im Munde führten. Auch was nachher noch von Professoren und Studenten geredet ward, ging nicht über dies Maß hinaus, selbst Oken sprach mit ungewohnter Selbstbeherrschung und warnte die jungen Leute vor einer verfrühten politischen Thätigkeit. Nach dem Mittagsmahle gingen die Burschen zur Stadt hinab in die Kirche, wo auch der Eisenacher Landsturm dem Gottesdienste beiwohnte; dann gaben noch die Kämpen des Berliner und des Jenenser Turnplatzes den staunenden Landstürmern ihre Künste zum besten. Als die Dämmerung hereinbrach, zog man mit Fackeln wieder hinaus uach dem Wartenberge, der Wartbnrg gegenüber, wo mehrere große Siegesfeuer brannten, die mit patriotischen Reden und Liedern begrüßt wurden. Bis dahin war das Fest in glücklicher Eintracht verlaufen; hier aber ward zum ersten Male offenkundig, daß sich bereits eine kleine extreme Partei innerhalb der Burschenschaft gebildet hatte: jene fanatischen Urtentonen aus Jahns Schule, die man die Altdeutschen nannte. Diese köstliche Gelegenheit für eine fratzenhafte Eulenspiegelei konnte sich der Turumeister doch nicht entgehen lassen. Er regte zuerst den Gedanken an, dies Lutherfest durch eine Nachäffung der kühnsten That des Reformators zu krönen und, wie einst

3. Geschichtliches Lesebuch - S. 41

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. 41 bei, so daß sich die Stubentenzahl in kurzer Zeit verboppelte. Auch an anderen Hochschulen thaten sich Burschenschaften auf, fo in Gießen und in Tübingen, wo die Stiftler schon 1813 einen Tngenbbunb zur Bekämpfung der akabemischen Roheit gebilbet hatten; und ganz von selbst erwachte der Wunsch, die neue Gemeinschaft anf einer feierlichen Zusammenkunft aller bentfchen Bnrfchen zu befestigen. In solchen freien, über die Grenzen des Einzelstaats hinausreicheubeu socialen Verbinbnngen firtbet der Einheitsbrang zerteilter Völker seinen natürlichen Ausdruck; in Dentschlanb wie in Italien sirtb die Kongresse der Gelehrten, der Künstler, der Gewerbtreibenben wie Sturmvögel den blutigen Einheitskampsen vorausgezogen. Unter den Deutschen schritten die ©tubenten allen voran, und nichts bezeichnet so beutlich das harmlose politische Stillleben jener Tage. Lange bevor die Männer auf den Gebauten kamen, sich über ihre ernsten gemeinsamen Interessen zu verstäubigeu, regte sich in der Jugenb der Drang, die gemeinsamen Träume und Hoffnungen auszutauschen, in phantastischem Spiele der ibealen Einheit des Vaterlanbes froh zu werben. — Das Jubelfest der Reformation erweckte überall unter den Protestanten ein frohes Gefühl bankbaren Stolzes; auch Goethe fang in biesen Tagen: „ich will in Kunst und Wissenschaft wie immer protestieren". Die Stubentenschast warb von dieser Stimmung der Zeit um fo stärker ergriffen, ba ihr der christlich-protestantische Enthusiasmus des Befreiungskrieges noch in der Seele nachzitterte. Als der Gebanke eines großen Verbrübernngsfestes der bentfchen Bnrschen zuerst in Jahns Kreise aufgetaucht war, beschloß die Jenenser Burschenschaft den Versammlnngstag anf den 18. „des Siegesmonbs" 1817 zu verlegen, um bamit zugleich das Jubelfest der Reformation und die übliche Jahresfeier der Leipziger Schlacht zu verbinben. Armin, Luther, Scharnhorst, alle die hohen Gestalten der Führer des Deutschtums gegen das wälsche Wesen flössen in den Vorstellungen der jungen Brauseköpfe zu einem einzigen Bilbe zusammen. Den Rabika-leren galt Luther als ein republikanischer Helb, als ein Vorkämpfer der freien „Überzeugung"; in einer Festschrift von Karl Sanb, die unter beit Burschen verteilt warb, erschien die evangelische Lehre von der Freiheit des Christenmenschen mit mobern-bemokratischen Jbeen phantastisch verbunben. „Hauptibee unseres Festes", hieß es ba, „ist, daß wir allzumal durch die Taufe zu Priestern geweiht, alle frei

4. Geschichtliches Lesebuch - S. 42

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
42 Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. und gleich sind; Urfeiude unseres deutschen Volkstums waren von jeher Drei: die Römer, Möncherei und Soldaterei." Dadurch ward freilich der gesamtdeutsche Charakter des Festes von vornherein getrübt. Die katholischen Universitäten des Oberlandes, die ohnehin mit den norddeutschen noch keinen regelmäßigen studentischen Verkehr unterhielten, konnten keine Einladung erhalten; die Freiburger Burscheu mußten für sich allein am 18. Oktober aus dem Wartenberge bei Donaueschiugeu ihr Siegesfeuer anzünden. Von den österreichischen Hochschulen war nicht die Rede, da sie dem deutschen Stndenten-branche ganz fern standen, auch, mit Ausnahme der Siebenbürger Sachsen und weniger Ungarn, noch fast kein Österreicher in Deutschland studierte. Aber auch auf den preußischen Universitäten hatte die Burschenschaft uoch so wenig Anhang, daß allein Berlin der Einladung Folge leistete. So war denn bei der Feier der Völkerschlacht gerade die Studentenschaft der beiden Staaten, welche allein schon bei Leipzig für die Sache der Freiheit gefochten, fast gar nicht vertreten; und alle die wundersamen Märchen, womit die Liberalen der rheinbündischen Länder die Geschichte des Befreiungskrieges auszuschmücken liebten, fanden freien Paß. Schon lange zuvor hatte die Presse mit mächtigen Trompetenstößen den großen Tag angekündigt. Eine freie Zusammenkunft von Deutschen aller Länder allein um des Vaterlandes willen war diesem Geschlechte eine so erstaunliche Erscheinung, daß sie ihm fast wichtiger vorkam als die weltbewegenden Ereignisse der letzten Jahre. Im Lanfe des 17 Oktobers langten an fünfhundert Burschen in Eisenach au, etwa die Hülste aus Jena, dreißig aus Berlin, die übrigen ans Gießen, Marburg, Erlaugen, Heidelberg und anderen Universitäten der Kleinstaaten; die rüstigen Kieler hatten nach Turnerbrauch den weiten Weg zu Fuß zurückgelegt. Auch vier der Jeueuser Professoren fanden sich ein: Fries, Oken, Schweitzer und Kieser. Jede neu eintreffende Schar ward schon am Thore mit stürmischer Frende begrüßt und dauu in den Rauteukrauz geleitet, um dort vor den gestrengen Herren des Ausschusses auf dreitägigen Burgfrieden Urfehde zu schwören. Anderen Tags in der Frühe stieg „der heilige Zug" bei hellem Herbstwetter durch den Wald hinaus zu der Burg des Reformators: voran der Burgvogt Scheidler mit dem Burschenschwerte, darauf vier Burgmänner, dann, von vier Fahnenwächtern umgeben, Graf Keller mit der neuen Burschenfahne, welche die Jenenser Mädchen ihren sittenstrengen jungen Freunden kürzlich gestickt hatten, dann endlich die

5. Geschichtliches Lesebuch - S. 41

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. 41 bei, so daß sich die Studentenzahl in kurzer Zeit verdoppelte. Auch an'anderen Hochschulen thaten sich Burschenschaften auf, so in Gießen und in Tübingen, wo die Stiftler schon 1813 einen Tugendbund zur Bekämpfung der akademischen Roheit gebildet hatten; und ganz von selbst erwachte der Wunsch, die neue Gemeinschaft auf eiuer feierlichen Zusammenkunft aller deutschen Burschen zu befestigen. In solchen freien, über die Grenzen des Einzelstaats hinausreichenden socialen Verbindungen sindet der Einheitsdrang zerteilter Böller seinen natürlichen Ausdruck; in Deutschland wie in Italien sind die Kongresse der Gelehrten, der Künstler, der Gewerbtreibenden wie Sturmvögel den blutigen Einheitskämpfen vorausgezogen. Unter den Deutschen schritten die Studenten allen voran, und nichts bezeichnet so deutlich das harmlose politische Stillleben jener Tage. Lange bevor die Männer auf den Gedanken kamen, sich über ihre ernsten gemeinsamen Interessen zu verständigen, regte sich in der Jugend der Drang, die gemeinsamen Träume und Hoffnungen auszutauschen, in phantastischem Spiele der idealen Einheit des Vaterlandes froh zu werden. — Das Jubelfest der Reformation erweckte überall unter den Protestanten ein srohes Gefühl dankbaren Stolzes; auch Goethe sang in diesen Tagen: „ich will in Kunst und Wissenschaft wie immer protestieren". Die Studentenschaft ward von dieser Stimmung der Zeit um so stärker ergriffen, da ihr der christlich-protestantische Enthusiasmus des Befreiungskrieges noch in der Seele nachzitterte. Als der Gedanke eines großen Verbrüderungsfestes der deutschen Burschen zuerst in Jahns Kreise aufgetaucht war, beschloß die Jenenser Burschenschaft den Versammluugstag auf den 18. „des Siegesmonds" 1817 zu verlegen, um damit zugleich das Jubelfest der Reformation und die übliche Jahresfeier der Leipziger Schlacht zu verbinden. Armin, Luther, Scharnhorst, alle die hohen Gestalten der Führer des Deutschtums gegen das wälsche Wesen flössen in den Vorstellungen der jungen Brauseköpfe zu einem einzigen Bilde zusammen. Den Radikaleren galt Luther als ein republikanischer Held, als ein Vorkämpfer der freien „Überzeugung"; in einer Festschrift von Karl Sand, die unter den Burschen verteilt ward, erschien die evangelische Lehre von der Freiheit des Christenmenschen mit modern-demokratischen Ideen phantastisch verbunden. „Hauptidee unseres Festes", hieß es da, „ist, daß wir allzumal durch die Taufe zu Priesteru geweiht, alle frei

6. Geschichtliches Lesebuch - S. 43

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Iii. v. Treitschke, Burschenschaft und Wartburgfest. 43 Burschen Paar an Paar, viele schöne germanische Reckengestalten darunter, mancher im Bollbart, was bei ängstlichen Gemütern schon als ein Zeichen hochverräterischer Gesinnung galt. Allen lachte die Freude ans den Augen, jene glückliche Selbstvergessenheit der Jugend, die noch ganz im Geunsse des Augenblicks aufzugehen vermag; ihnen war, als ob ihnen heute zum ersten Male die Herrlichkeit ihres Vaterlandes leibhaftig entgegenträte. Droben im Rittersaale der Wartburg, den der Großherzog gastfreundlich geöffnet hatte, wurde zuerst unter Pauken- und Trommelschall „Eine feste Burg ist unser Gott" gesungen. Darauf hielt der Lützower Riemann aus der Fülle seines ehrlichen Herzens heraus eine Festrede, die in hochpathetischen überschwänglichen Sätzen von den Thaten Lnthers und Blüchers sprach und dann bei den Geistern der erschlagenen Helden die Burschen mahnte zum „Streben nach jeglicher menschlichen und vaterländischen Tugend". Einige der landläufigen Schlagwörter von den vereitelten Hoffnungen des deutschen Volks und dem einen Fürsten, der sein Wort gelöst, liefen zwar mit unter; das Ganze war ein jugendlich unklarer, durchaus harmloser Gefühlserguß, ebenso vieldeutig und unbestimmt, wie die neue Losung Volunto! welche die Burschen gern im Munde führten. Auch was nachher noch von Professoren'und Studenten geredet ward, ging nicht über dies Maß hinaus, selbst Oken sprach mit ungewohnter Selbstbeherrschung und warnte die jungen Leute vor einer verfrühten politischen Thätigkeit. Nach dem Mütagsmahle gingen die Burschen zur Stadt hinab in die Kirche, wo auch der Eisenacher Landsturm dem Gottesdienste beiwohnte; dann gaben noch die Kämpen des Berliner und des Jenenser Turnplatzes den staunenden Landstürmern ihre Künste zum besten. Als die Dämmerung hereinbrach, zog man mit Fackeln wieder hinauf nach dem Wartenberge, der Wartburg gegenüber, wo mehrere große Siegesfeuer brannten, die mit patriotischen Reden und Liedern begrüßt wurden. Bis dahin war das Fest in glücklicher Eintracht verlaufen; hier aber ward zum ersten Male offenkundig, daß sich bereits eine kleine extreme Partei innerhalb der Burschenschaft gebildet hatte: jene fanatischen Urtentonen ans Jahns Schule, die man die Altdeutschen nannte. Diese köstliche Gelegenheit für eine fratzenhafte Eulenspiegelei konnte sich der Tnrnmeister doch nicht entgehen lassen. Er regte zuerst den Gedanken an, dies Lutherfest durch eine Nachäffung der kühnsten That des Reformators zu krönen uni), wie einst

7. Vorbereitung zur WeltGeschichte für Kinder - S. 80

1800 - Göttingen : Vandenhoek und Ruprecht
8o Kap. Iii. §. z6. die Talglichter, Mülen, Schiffe, und Fistungen, erfunden habe; wann und wie diese Sachen erfunden worden: da frage künftig fleißig nach, das ist de» Nachfragens und Behaltms werth. Aber wann das Filetmachen aufgekom- men? wer in Athen und Rom und Wien die ersten Komödien gespielt? wer in der alten Welt die änlichsten Bilderchen au» Marmor gehauen, oder aus Holz ge- schnitzt? wer in Frankreich die Stülchen erfunden, die man in einem Stöckel- chen mit sich herumschleppen kan? wer die Menschen zuerst Hckidschuhe ma- chen gelert, die sich in eine Nußschale packen lassen? — Tochter, nach solchen Dingen frage mich nicht eher, als bis du nichts wichtigeres mer zu fragen hast. ll.

8. Deutsches Lese-, Lehr- und Sprachbuch für Schule und Haus - S. 321

1865 - Göttingen : Deuerlich
321 Lehren treu blieb, so verurtheilte man ihn zum Tode auf dem Scheiter- haufen. Ruhig und gelassen hörte der fromme Huß das schreckliche Todesurrheil an. Man zog ihm die Priesterkleidung aus und setzte ihm eine mit Flammen und Teufeln bemalte papierne Mutze auf den Kopf, worauf geschrieben stand: „Erzketzer!" Huß aber sprach: „Mein Herr hat für mich eine Dornenkrone getragen; darum will ich Elender gern für ihn die leichtere tragen." Da rief man: „Wir übergeben deine Seele den höllischen Teufeln!" Er aber sprach: "Ich empfehle meine Seele in deine Hände, o Herr Christe, mein Erlöser! Ich bitte dich um deiner Barmherzigkeit willen, verzeihe allen meinen Feinden!" — Als er nun der weltlichen Obrigkeit übergeben war, führte ste ihn nach dem Richtplatze. Der war auf einer Insel im Rheine. Viel Volks war nachgefolgt; er durfte aber nicht sprechen zu ihm. So betete er denn und nahm weinend Abschied von den Freunden und Hütern. Jetzt wurden ihm die Hände auf den Rücken gebunden; der Leib wurde mit Stricken an einen Pfahl gebunden und der Hals mit einer Kette ange- schmiedet. Holz und Stroh ward bis an seinen Mund herangelegt. Der Holzstoß ist angezündet; Flamme und Ranch wirbelt auf. Hnfi singt mit heller Stimme: „Christe, du Lamm Gottes, erbarme dich mein!" Und noch einmal: „Christe, du Lamm Gottes, erbarme dich mein!" Zum dritten Male will er beginnen. Da treibt der Wind das Feuer ihm ins Gesicht. Stoch bewegt er die Lippen, wohl zwei Vaterunser lang; dann stirbt er. (6. Juli 1415.) Hieronimus von Prag, Hussens Freund, hatte im Jahre 1416 auf derselben Stelle ein gleiches Schicksal. Zwar wankte er erst, aber er starb dann 'gleich standhaft und setzte steh die mit Teufeln bcinalte Äütze selbst auf. Als auch ein Bauer im Eifer Holz zum Scheiter- haufen trug, rief Hieronimus: „O heilige Einfalt." 141. Luthers Jugend. Martin Luther wurde im Jahre 1483 am 10. November in Eiöleben geboren. Sein Vater, Hans Luther, und seine Mutter, Margarethe geb. Ltndemann, lebten in den» Dorfe Möhra bei Eiöleben. Anfangs »raren Luthers Eltern arm; die Mutter hat ihr Holz auf dem Rücken getra- gen ; nachher aber segnete der »nilde und reiche Gott des Vaters Arbeit, der ein ehrlicher Bergmann »var, und bescherte ihn» zu Manöfeld, »rohin sie nun zogen u»»d »vo Martin seinen ersten Unterricht erhielt, z»vei Feuer- oder Schmelzöfen. Vater, Mutter und Lehrer straften den Mar- tin zutveilen recht hart, doch erzogen sie ihn zur Gottesfurcht u»»d hielten ihn zu allein Guten an. Als Martin 14 Jahre alt war, »vurde er nach Magdeburg und bald darauf nach Eisenach auf die Schule ge- schickt. In Eisenach nahm sich die Frau Cotta seiner besonders an, indem ste ihm Wohnung und Kost gab, für ihn das Schitlgeld bezahlte und ihn in der Musik unterrichten ließ. Im 18. Jahre kam Luther auf die Universität. Er sollte eigentlich ein Rechtsgelehrter »verden. Allein eine lateinische Bibel, die er in der Universitätsbibliothek fand, brachte ihn auf andere Gedanken. Je »»»ehr er seine Bibel laö, desto »veniger Gefallen

9. Deutsches Lese-, Lehr- und Sprachbuch für Schule und Haus - S. 322

1865 - Göttingen : Deuerlich
322 fand er an der Rechtsgelehrsamkeit. Er beschloß daher, seine Laufbahn zu ändern. In seinem Beschluß bestärkte ihn noch der plötzliche Tod seines Freundes Alexius. Er ging in das Augustinerklofter zu Erfurt und wurde Mönch. Im Kloster batte Luther ein sehr trauriges Leben. Er glaubte nicht fromm genug zu sein und grämte sich deshalb sehr ab. Als im Jahre 1308 der Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen für die Universität Wittenberg einen Professor der Theologie suchte, wandte er sich deshalb an Dr. Johann von Staupitz, den Vorsteher des Augu- stinerklosters in Erfurt. Dieser schlug Luther zu der Stelle vor, und so kam Luther von Erfurt nach Wittenberg, wo er den größten Theil seines Lebens zugebracht hat. , 142. Luther tit Wittenberg. Luther war mit Zagen nach Wittenberg gegangen, und als ihn Staupitz sogar zum Predigen in der Stadtkirche aufforderte, sagte er: «Herr Doctor, Ihr bringt mich um mein Leben, ich werde es nicht ein Vierteljahr treiben." Und doch ging es mit Luthers Predigten so gut, daß er bald darauf zum Prediger gewählt wurde. Nach einigen Jahren bekam Luther, der noch immer Mönch war, den Auftrag, in Angelegen- heiten seines Ordens nach Nom zu reise». Auf dieser Reise, noch mehr aber in Rom, lernte er den Leichtsinn der katholischen Geistlichen kennen. Nach seiner Rückkehr wurde Luther zum Dvetor der Theologie ernannt. Da geschah es, daß ein Dominicanermönch, Johann Tetzel, Nord- deutschland durchzog und Ablaß verkaufte. Die Päpste sagten nämlich, es sei in vielen Kirchen, besonders in Rom, ein Schatz von guten Wer- ken aufbewahrt. Diese guten Werke seien diejenigen guten Handlungen, w'elche die Heiligen mehr gethan hätten, als sie eigentlich gn thun brauch- ten. Wenn nun jemand viel gesündigt habe, wofür er von Gott oder von der Obrigkeit bestraft werden müsse, so brauche er nur, um der Strafe zu entgehen, sich solche gute Werke zu kaufen. Daö abergläubische Volk glaubte dergleichen, und so wurde der Ablaßkram auf eine schamlose Weise getrieben. Anfangs setzte man Ablaßjahre fest, später schickte man sogenannte Ablaßkrämer umher, die für alle möglichen Sünden Ablaß- zettel verkauften. Tetzel war einer der unverschämtesten. Er pflegte vor seiner Bude zu singen: «Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer in den Himmel springt." Ein solches Unwesen konnte der fromme Martin Luther nicht ertragen. Er predigte, als Tetzel in der Gegend vyn Wittenberg Ablaßzettel verkaufte, von der Kanzel gegen den Ablaßkram und schlug an die Schloßkirche von Wittenberg 93 Sätze gegen den Ablaßhandel, so daß sie jedermann lesen konnte. Das war am 31. Oktober 1317. Mit dieser Handlung beginnt in Deutschland die Reformation oder Kirchenverbesserung. 143. Anfang der Reformation. Die 95 Sätze Lltthers schrieb man ab und ließ sie drucken. So wurden sie schnell verbreitet. Viele, die den Leichtsinn und die Laster, welche in der katholischen Kirche herrschten, wohl kannten, freuten sich

10. Deutsches Lese-, Lehr- und Sprachbuch für Schule und Haus - S. 323

1865 - Göttingen : Deuerlich
323 über den kühnen Mann. Luther blieb aber dabei nicht stehen. Er schrieb an den Kurfürsten von Mainz, Albrecht, und bat ihn, den Ablaßhandel einzustellen. Ebenso schrieb er sehr bescheiden und milde an den Papst Leo X. Dieser verlangte sogleich, daß Luther binneu 60 Tagen in Rom erscheinen und sich verantworten solle. Der Kurfürst von Sachsen aber hielt Luther in Ehren und bat den Papst, die Sache lieber in Deutsch- land abzumachen. Das geschah denn auch. Luther wurde auf den Reichstag nach Augsburg beschieden, wo er seine Sätze vor dem päpst- lichen Gesandten, dem Cardinal Cajetan, widerrufen sollte. Der Car- dinal verlangte unbedingten Widerruf. Luther bewies aus der heil. Schrift, daß seine Behauptungen wahr seien. Cajetan kannte aber die h. Sch. zu wenig und sagte, nach dem er mit Luther lange gestritten, zu Luther: „Gehe hin und komme nicht wieder", und zu seinem Freunde sagte er: „Ich mag nicht weiter disputieren mit dieser Bestie, denn er hat gar tiefe Augen in seinem Kopfe und gefährliche List in seinem Her- zen." Luther war in Augsburg vor seinen Feinden nicht sicher und floh daher mit Hülfe des Rathsherrn Langemantel nach Wittenberg zu- rück. Im folgenden Jahre hatte Luther eine ähnliche Disputation iliit dem Di'. Eck aus Ingolstadt. Sie wurde in Leipzig 14 Tage gehalten, und die Folge davon war, daß Tausende von Zuhörern zu Luther über- traten. Das erzürnte den Dr. Eck so sehr, daß er in Rom eiire Bann- bulle gegen Luther ausfertigen ließ. Eck kam selbst mit der Bulle nach Deutschland. In Leipzig aber trieben ihn die Studenten aus der Stadt. Darüber waren die Anhänger des Papstes so ärgerlich, daß sie Luthers Schriften öffentlich verbrannten. Luther that darauf etwas Aehnliches. Er ging mit den Wittenberger Studenten vor das Elsterthor der Stadt und verbrannte die Baitnbulle, indem er sagte: „Weil bu den Heiligen Gottes betrübt hast, so verzehre dich das ewige Feuer." Das geschah am 10. December 1320. 144. Luther in Wormö und auf der Wartburg. Sehr viele Ritter und Edle in Deutschland, die von Luther hörten, boten ihm ihren Schutz an. Ganz besonders aber sorgte sei,» Kurfürst, Friedrich der Weise, für ihn. Um diese Zeit wurde Karl V., der zwar kein Freund der lutherischen Lehre war, aber doch gern Friede in Deutsch- land haben wollte, zum deutschen Kaiser erwählt. Daher hielt er 1321 einen Reichstag zu Wormö und berief Luther dahin. Wiewohl man diesen, wegen seiner vielen katholischen Feinde warnte, nach Worms zu gehen, so sagte er dennoch: „Und wenn sie zwischen Wittenberg und Wornrö ein Feuer anzüitdeten, das bis an den Himmel schlüge, so wollte ich doch hindurch, lind wenn so viel Teufel in Worms wären als Ziegel auf den Dächern, so wollte ich doch hingehen." Ueberall drängte man sich, den Glaubenöhelden zll sehen, und als er in Worms ankam, stan- den Neugierige an den Fenstern und auf den Dächern. Luther trat in den Saal des großen Nathhauses. Der Ritter Georg von Frundsberg sagte am Eingänge zu ihm: „Münchlein, Mönchlein, Du gehest eiuen . schweren Gang, dergleichen ich und mancher Oberst in der gefährlichsten
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